Seit geraumer Zeit nun steht die
Frage im Raum (und nimmt mir hier ganz schön Platz weg), wie es denn nun um den Weltfrieden steht und ob den der 3. Weltkrieg bald beginnt. Die kurze Antwort für alle, die keine langen Blogbeiträge mögen, ist: nicht gut und nein.
Die lange Antwort ist, wie der Name schon sagt, lang:
Als
JTF, angeregt von
jW on
SpOn, die Frage aufwarf, sah die Welt noch anders aus. Ypsilanti hatte noch nicht gelogen und
Hillary noch nicht geweint… vor allem wurde aber erst am 3. Dezember ein
Bericht veröffentlicht, der die Erkenntnisse wichtiger US-Geheimdienste zusammenfasste und besagte, dass der Iran seit 2003 kein Atomwaffenprogramm mehr betreibt. Nun mag der Schwarzseher einwenden (und das tun einige), dass auch ein ziviles Atomprogramm sich umfunktionieren lasse. Das ist im Prinzip korrekt: wer haufenweise Gaszentrifungen parallel betreibt um Uran für den Reaktorbetrieb anzureichern (Anreicherung 3-5%), kann natürlich diese auch in Reihe schalten um waffenfähiges Uran (mind. 90%) zu bekommen. Bis zur Atommacht ist es dann noch ein langer Weg, denn so lassen sich vielleicht 1-2 Bomben pro Jahr bauen. Uranbomben sind nun aber nicht unbedingt der letzte Schrei, denn die kritische Masse ist recht groß und die Effizienz gering. Spaltbomben aus Plutonium sind da schon besser (vor allem, wenn man "Kofferbomben" bauen will, das benötigte Pu240 kommt aber natürlich nicht vor und muss erstmal in Reaktoren erbrütet werden. Es setzt also erstmal ein umfangreiches (ziviles) Kernenergie-Programm voraus und entsprechende Wiederaufbereitungsanlagen.
Es würde also noch einige Jahre dauern, bis der Iran genügend Atombomben hat, um sie sinnvoll einzusetzen - denn was hätte er (oder irgendein Aggressor) davon, seine einzige Atombombe zu werfen, wenn er dann schutzlos einem Gegenschlag ausgesetzt wäre? Gut, bei den Fanatikern weiß man nie…Spannender ist aber der Fall Pakistan, mit geschätzten 60 Sprengköpfen und pikanter innenpolitischer Lage.
Nun, nehmen wir mal an, es bräuchte islamistische Wirrköpfe, um Atombomben zu werfen, dann ist es am wahrscheinlichsten, dass es im Nahen Osten zuerst passiert - ist das dann der dritte Weltkrieg? Vermutlich nicht. Iran hat zwar Mittelstreckenraketen, die bis nach Deutschland reichen könnten, es ist aber doch viel wahrscheinlicher, dass ein islamistischer Fanatiker die wenigen Waffen, die er besitzt, auf Israel schmeißen würde. Bei diesem relativ kleinen und dicht besiedelten Land könnte Ein Schurkenstaat mit einem Erstschlag auch schon relativ viel Schaden anrichten. Das würde natürlich eine harte Vergeltung nach sich ziehen, und mit geschätzten 200 Sprengköpfen und technisch ausgefeilten Trägersystemen könnte auch ein großes Land wie Iran empfindlich getroffen werden.
Ein 3. (und womöglich letzter) Weltkrieg könnte daraus nur entstehen, wenn sich die atomaren Platzhirsche einmischten. Die USA und Russland besitzen auch nach 20 Jahren Abrüstung noch 5866 bzw. 4162 strategische Sprengköpfe (die dicken Dinger, die auch über Kontinente fliegen [
IHT, 4.7.07]) - das Kleinzeug, mit dem die Schurkenstaaten um sich werfen, ist da noch gar nicht eingerechnet. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die alten Hasen sich an einer nuklearen Eskalation beteiligen, solange es sich irgendwie vermeiden lässt. Selbst im Kalten Krieg, wo der Feind bekannt und die Bündnisse fest waren, gingen die militärischen Planspiele Dahin, eine nukleare Eskalation möglichst früh und regional einzudämmen (die "Region" wäre übrigens Deutschland gewesen…). Selbst wenn sich die USA nun zu einem Beistand zu Israel verpflichtet fühlten, so wäre doch ein nukleares Eingreifen ohne Abstimmung mit Russland und China ganz schön riskant - und seit dem 2. Weltkrieg hat die USA nur gegen solche Länder offen Krieg geführt, bei denen sie sicher sein konnte, dass sie nicht zuhause getroffen wird.
Ich halte es daher nicht für wahrscheinlich, das ein regionaler atomarer Konflikt im Nahen oder Mittleren Osten automatisch den 3. Weltkrieg beginnen würde. Trotzdem wären die Folgen für die Welt (und damit den Weltfrieden) gravierend. Und zwar nicht wegen des steigenden Ölpreises. Auch nicht wegen der Radioaktivität: Es hat ca. 640 überirdische Atomtests gegeben, deren Isotope man heute noch nachweisen kann - doch erkrankt oder gestorben ist daran in Europa niemand (jedenfalls nicht nachweislich). Ein- bis zweihundert weiter atmosphärische Explosionen würden die globale Strahlenbelastung also auch nicht gefährlich erhöhen.
Die Gefahr geht vielmehr vom Staub aus: Amerikanische Forscher haben mal den Dreck von 100 Explosionen à 15kt aus einen hypothetischen Krieg zwischen Indien und Pakistan in aktuelle Klimamodelle
gefüttert - und heraus kamen gravierende klimatische Veränderungen: deutliche Abkühlung der Nordhalbkugel mit vermutlich massiven Ernteausfällen über mehrere Jahre hinweg. Das wäre zwar noch nicht der "nukleare Winter" den man sich in den 80ern als Folge eines Vollständigen Schlagabtausches zwischen Ost und West vorstellte, aber schon schlimm genug.
Wie steht es nun um den Weltfrieden? Schlecht, denn gewisse Fanatiker würden sicher schon die erste Bombe werfen, derer sie habhaft werden. Bevor es aber richtig ungemütlich wird, müssen sich die "Schurkenstaaten" erst einige Dutzend Bomben besorgen und diese dann auch auf einen Schlag einsetzen. Selbst dann ist ein 3. Weltkrieg aber nicht sehr wahrscheinlich.
Trotzdem steht die
Doomsday Clock inzwischen wieder auf 5 vor 12, so nah am Weltuntergang wie seit dem tiefsten kalten Krieg nicht mehr - jedoch hat inzwischen der menschengemachte Klimawandel den Atomkrieg als Hauptbedrohung abgelöst.
In diesem Sinne schon mal: Frohe Ostern!