
Um diese Niederlage zu verarbeiten, werde ich jetzt erstmal nach Italien flüchten, wo ich dann auch den Internationalen Day des Denglish begehen werde.
Das Leben ist gefährlich, auch nach dem Kalten Krieg. Und hier wird im Zweifelsfall auch kein Blatt vor den Mund genommen. Also: Lesen auf eigene Gefahr!
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"Warum überhaupt Datenschutz?" könnte man fragen, bzw. den Datenschutz mit einem oft gehörten "Ich hab ja nichts zu verbergen" direkt obsolet machen.
Datenschutz ist zwar als Schlagwort allbekannt, aber eigentlich nur Mittel zum Zweck. Der Zweck ist nämlich, das Recht der "Informationellen Selbstbestimmung" zu gewährleisten. Dabei handelt es sich um ein abgeleitetes Grundrecht, d.h. ein Grundrecht, was zwar so nicht im Grundgesetz steht, sich aber direkt aus den Artikeln 1-19 ableiten lässt.
Erstmal explizit definiert wurde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983. Damals wurde eine von der Regierung geplante Volkszählung für verfassungswidrig erklärt. Es lohnt sich ein Blick in die Urteilsbegründung, um die eingangs gestellte Frage nach dem "Warum" zu erhellen:
[Die Volkszählungsdaten] können darüber hinaus … mit anderen Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden, ohne daß der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. Damit haben sich in einer bisher unbekannten Weise die Möglichkeiten einer Einsichtnahme und Einflußnahme erweitert, welche auf das Verhalten des Einzelnen schon durch den psychischen Druck öffentlicher Anteilnahme einzuwirken vermögen.
...
Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind…, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen.
Das Hauptargument für den Datenschutz ist also, dass man - auch unbewusst - sein Verhalten verändert, wenn man nicht mehr weiß, was andere über einen wissen (oder zu wissen glauben), und damit in seiner Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 GG) eingeschränkt wird. Das betrifft auch diejenigen, die meinen, sie hätten nichts zu verbergen, so dass dieses Argument zu kurz greift. Es gibt aber auch noch ein paar handfestere Gründe, warum Datenschutz sinnvoll ist:
Auf Wunsch kann ich auch konkrete Beispiele zu den genannten Punkten nenne. Prinzipiell gehe ich aber davon aus, dass die Notwendigkeit von Datenschutz damit klar ist.
Daher wird es im nächsten Teil darum gehen, wo im Alltag überall Datenschutzprobleme auftauchen. Später folgen dann die konkreten Tipps, wie man sich aktiv etwas schützen kann.
Die Krawalle in Rostock mögen ja schlimm gewesen sein, aber es kann doch keiner behaupten dass sie unerwartet oder gar ohne Beispiel waren.
Die staatlichen Schikanen kennen mittlerweile aber keine Grenzen mehr. Erst der Zaun um Heiligendamm, dann die Verbotszone drumherum, andere Aktionen im Vorfeld (Grenzkontrollen, Polizisten in den Sonderzügen, Postdurchsuchung, Wanderkessel), jetzt werden die Demos in Rostock umgelenkt und die Teilnehmerzahl begrenzt. Und Politiker überbieten sich gegenseitig mit Vorschlägen, die Polizeigewalt zu verstärken (Gummigeschosse, GSG9-Einsatz). Von Versammlungsfreiheit und freier Meinungsäußerung kann da nicht mehr die Rede sein. Stattdessen haben wir ein Klima massivster Einschüchterung und Gewaltandrohung durch den Staat, der sich alle ausgesetzt sehen, nicht nur die Steinewerfer.
Das ist nicht neu: Startbahn West, Wackersdorf, Kalkar, Gorleben und viele andere Namen stehen für Demonstrationen, bei denen die Polizei oft alles andere als zimperlich vorging. Es kommt mir aber doch so vor, dass aktuell blitzschnell auf breiter Front die Daumenschrauben angezogen werden, ohne dass das offenbar jemanden stört. Kommentatoren hacken unisono auf den gewaltbereiten Demonstranten rum, während anderswo fröhlich Maßnahmen vorgeschlagen werden, die nicht nur den G8-Gipfel betreffen sondern auch alle zukünftigen Demos, sobald sie einmal im Polizeigesetz stehen.
Vielleicht sollte man sich noch mal zurücklehnen und daran denken, dass am Samstag der 40. Todestag von Benno Ohnesorg war, und das aktuelle staatliche Vorgehen in diesem Lichte betrachten. Julius hat zwar bemerkt, dass es gar nicht mehr um Freiheit sondern um Sicherheit geht – in den Grundrechten des Grundgesetzes steht aber viel mehr von Freiheit, als von Sicherheit. Wenn auch von Demokratie nicht mehr die Rede ist, so ist doch der Rechtsstaat in aller Munde. Muss ich nun annehmen, dass selbst mit dem Rechtsstaat Schluss ist und wir es mit einem Polizeistaat zu tun bekommen? In diesem Fall würde ich erwägen, von Artikel 20 Abs. 4 GG Gebrauch zu machen.
PS: die Gefahr, hier als vermeintlicher G8-Punkte-Fischer abgestraft zu werden, muss ich einfach in Kauf nehmen.
Aber ich will ein vages Versprechen einlösen, das ich mich diesem Thema widmen würde. Ich hätte dieses Versprechen fast wieder vergessen, hätte ich nicht neulich zwei Mitgliedern des Aachener Studiparlaments zugehört, die sich über eine geplante Uni-Card unterhielten. Sie regten sich darüber auf, dass die JuSo-Hochschulgruppe einen Antrag zum Datenschutz eingebracht hatte: „Wen interessiert denn heute noch Datenschutz?!“
Da wollte ich schreien „ICH bin Spartakus!“… oder so ähnlich. Jedenfalls glaube ich, das Datenschutz gerade heute ein Thema sein muss. Drum kommt’s jetzt hier in den nächsten Tagen aufs Parkett.
PS: ich werde es nicht schaffen, die Posts auf prägnante 10 Zeilen zu begrenzen, das Thema wird eher was für Vielleser.
Alle Daten gibt es hier.