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Mittwoch, 6. Juni 2007

Vortragsreihe Datenschutz II: Grundlagen

"Warum überhaupt Datenschutz?" könnte man fragen, bzw. den Datenschutz mit einem oft gehörten "Ich hab ja nichts zu verbergen" direkt obsolet machen.
Datenschutz ist zwar als Schlagwort allbekannt, aber eigentlich nur Mittel zum Zweck. Der Zweck ist nämlich, das Recht der "Informationellen Selbstbestimmung" zu gewährleisten. Dabei handelt es sich um ein abgeleitetes Grundrecht, d.h. ein Grundrecht, was zwar so nicht im Grundgesetz steht, sich aber direkt aus den Artikeln 1-19 ableiten lässt.
Erstmal explizit definiert wurde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983. Damals wurde eine von der Regierung geplante Volkszählung für verfassungswidrig erklärt. Es lohnt sich ein Blick in die Urteilsbegründung, um die eingangs gestellte Frage nach dem "Warum" zu erhellen:


[Die Volkszählungsdaten] können darüber hinaus … mit anderen Datensammlungen zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden, ohne daß der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwendung zureichend kontrollieren kann. Damit haben sich in einer bisher unbekannten Weise die Möglichkeiten einer Einsichtnahme und Einflußnahme erweitert, welche auf das Verhalten des Einzelnen schon durch den psychischen Druck öffentlicher Anteilnahme einzuwirken vermögen.
...
Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffende Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind…, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen.

Das Hauptargument für den Datenschutz ist also, dass man - auch unbewusst - sein Verhalten verändert, wenn man nicht mehr weiß, was andere über einen wissen (oder zu wissen glauben), und damit in seiner Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 GG) eingeschränkt wird. Das betrifft auch diejenigen, die meinen, sie hätten nichts zu verbergen, so dass dieses Argument zu kurz greift. Es gibt aber auch noch ein paar handfestere Gründe, warum Datenschutz sinnvoll ist:


  • Missbrauch
    Je mehr persönliche Daten von jemandem verfügbar sind, desto leichter ist es für andere, sie missbräuchlich zu nutzen. Das geht von der Spam-Mail im einfachsten Fall bis zum kompletten Identitätsklau zum Zwecke von Straftaten. Deshalb sollte selbst der unbescholtenste Bürger sparsam mit seinen Daten umgehen.
  • Zweckentfremdung
    Daten, die für einen bestimmten Zweck erhoben werden, können leicht auch für andere Zwecke genutzt werden. Die geplante Nutzung der Mautdaten zur Strafverfolgung ist dafür ein gutes Beispiel.
  • Datensicherheit
    Fast jede Datenbank ist bisher geknackt worden, jeder Code entschlüsselt worden. Daten, die also heute sicher sind, müssen es in ein paar Jahren längst nicht mehr sein.
  • Veränderung der persönlichen Interessen
    Daten, die man zu einer bestimmten Zeit für unverfänglich hält, können später problematisch sein. Dann ist es aber evtl. schwierig, sie wieder aus dem öffentlichen Raum zu tilgen.
  • Politische Veränderungen
    Selbst wenn man sich in der derzeitigen Gesellschaft als "gläserner Bürger" wohl fühlt, würde man das in einem totalitären Regime wohl kaum noch so sehen. Das mag an den Haaren herbeigezogen klingen, in einem Land, das allein im letzten Jahrhundert zwei totalitäre Überwachungsstaaten hervorgebracht hat, sollte man das aber nicht außer Acht lassen.

Auf Wunsch kann ich auch konkrete Beispiele zu den genannten Punkten nenne. Prinzipiell gehe ich aber davon aus, dass die Notwendigkeit von Datenschutz damit klar ist.
Daher wird es im nächsten Teil darum gehen, wo im Alltag überall Datenschutzprobleme auftauchen. Später folgen dann die konkreten Tipps, wie man sich aktiv etwas schützen kann.

11 Kommentare:

Julius Firefly hat gesagt…

Status quo: Wer auf den Datenschutz pocht, hat was zu verbergen. Von daher ist Datenschutz keine Notwendigkeit - das toppt jedes andere Argument.

Trotzdem 7 Punkte für eine gelungene einleitende Übersicht zum Thema.

Buttercup hat gesagt…

Ja, das ist ein Stück gute Arbeit, und wenn es so weitergeht, dann hast DU Dir Deine Punkte wenigsten mit ehrlicher Arbeit verdient:

7 Punkte!

Anonym hat gesagt…

nur die optik des posts graust mir altem verehrer der ästhetik. da aber aller anfang schwer ist und die angeschnittene thematik schwerwiegend: 8 punkte. übrigens: in den nächsten tagen veröffentliche ich die originalnamen und anschriften aller botb-teilnehmer...

Anonym hat gesagt…

war ein witz...

frank-rock hat gesagt…

Nee, also mich hat es überzeugt. Nur werde ich einen Teufel tun hier meine Punkte öffentlich zu machen. diese Information ist und bleibt meine. Nachher dreht mir noch wer einen Strick draus!

daniel hat gesagt…

Schöner Einstieg, deshalb 8.

Cameron hat gesagt…

translation please

Julius Firefly hat gesagt…

@cameron:
"Nice entry, therefore 8."

Henry K. Duff hat gesagt…

@julius: darf ich die 7 Punkte aus deiner Übersetzung auch zählen ;)

Enzo hat gesagt…

Österreich gibt auch 8 Punkte!

thåden hat gesagt…

hmmmm. sicher, ein sehr schöner und informativer text, aber wohl doch ein bisschen eine textsortenverletzung. sowas gehört in die schule.
wegen der insgesamt beachtlichen leistung noch 7 punkte, aber hiermit bist du gewarnt: blogtexte sind kurz und witzig, nicht lang und informativ!